SWISS BLACK FONDUE METAL präsentiert die neuesten Bilder und Zeichnungen von Christophe Lambert an den Wänden der Galerie. Im Raum ist eine Installation von Monsignore Dies zu sehen.
Die beiden bildenden Künstler kennen sich gut, da sie unter dem Namen COCHON RODEO zusammenarbeiten.
SWISS BLACK FONDUE METAL ist ein bisschen COCHON RODEO, wiedervereinigt im Raum.
Christophe Lambert | Satanic Poya | 2020 | 90 x 90 cm | acrylique et collages sur toile
Für seine Ausstellung schildert uns Christophe Lambert eine Reise durch sein Land, seinen Lebensweg, seine persönliche Vision, seine Schweiz:
Freiburger Abstammung, in La Chaux-de-Fonds geboren, seine Wahlheimat Biel, Jurassier Sympathisant, wohnhaft in Basel bevor er für eine Weile ins Ausland geht. Heute lebt er in einem Dorf im Berner Jura.
In seiner etwas fabelhaften oder romantisierten Ausstellung, bemüht sich Christophe Lambert seine Wurzeln wieder zu finden.
„Erfinden eine Geschichte, um meinem Sohn zu erklären, woher wir kommen und wer wir sind.“
Christophe Lambert | Avenue Leopard-Robert | 2020 | 100 x 70 cm | acrylique sur toile
Monsignore Dies ist Künstler, Musiker, Kuratar, DJ und sehr wahrscheinlich Exentriker. Seine Kunstwelt ist geprägt von Absurdität und künstlerischem Irrsinn.
Das Alphabet des Monsignore Dies fängt mit M wie Monster an. Für alle, die den Bieler Künstler kennen, ist das keine Überraschung: das Monströse, das Monstermässige, das ungeheure und unheimliche Grelle, Groteske, Gute und Absurde spielen in seinem Kunstkosmos eine kolossale Rolle.
In seinen Installationen belebt er zurückgelassene Gegenstände aus Sperrmüll – die hektischen Bilder seiner Videoarbeiten fordern unsere Sinne heraus.
Christophe Lambert | Les Bois / JURA | 2020 | 120 x 80cm | acrylique sur toile
SWISS BLACK FONDUE METAL
Interview mit Christophe Lambert und Monsignore Dies und Guillaume Daeppen
Hochsommer ist die Jahreszeit in der mein Gefühl für Swissness seit meiner Kindheit am ausgeprägtesten war. Der Sommer kommt zum Höhepunkt. Die Geranien blühen. Der 1. August veranlasst die Leute dazu ihre Lebenswelt rot-weiss zu schmücken – mit besagten Blumen, Lampions, Grabkerzen und Fähnchen. Man befindet sich viel draussen, sei es an Quartierfesten, zum Baden am Rhein, auf einer kurzen Visite im Tessin oder im Schrebergarten eines Bekannten, um dort Würste auf dem Grill zu braten. Dieses Jahr ist vieles anders. Das Swissness-Gefühl droht zusammen mit den typischen Sommerevents abgesagt zu werden.
Dieses Jahr begegne ich der Sommer-Swissness allerdings auf eine ganz unerwartete Weise: Eine Ausstellung in der Galerie Daeppen die sonst eher für Punk-Ästhetik und Skaterkultur bekannt ist hat die Schweiz zum Thema. Kaum durch die Tür getreten, stehe ich bereits inmitten der Hyper-Folklore. Die Galerie ist heute aussergewöhnlich voll – voll mit allerlei Schweizer Memorabilien zu einer Installation geformt, die aussieht, als hätte ein Wirbelsturm ein urschweizer Brocki durcheinander gewirbelt.
S: Monsignore Dies, hast Du das alles für die Installation aufgetrieben?
Dies: Nein. Ich habe meinen Fundus. Ich habe quasi meine Garage hierher gezügelt. Guillaume: Die Musik läuft noch nicht!
Monsignore Dies geht zum Plattenspieler und legt eine Postkarte auf. Die Nationalhymne erklingt. Die Stimmung intensiviert sich. Eine Musikpostkarte für den Plattenspieler hatte ich vorher noch nie gesehen. Genial!
Dies: Die Ausstellung hat das perfekte Thema für diese Zeit. Wegen Corona gehen nun wieder viel mehr Leute in der Schweiz in die Ferien, oder gehen wandern. Wir machen hier quasi eine Tour de Suisse – bei Christophe mehr geographisch und bei mir eher historisch. Christophes Bilder sind biografisch, ich verarbeite mit den Objekten der Installation die Schweizer Geschichte.
Christophe und Dies arbeiten seit längerer Zeit sowohl solo, als auch immer wieder zusammen. Gemeinsam treten sie unter dem Namen Cochon Rodeo auf. In dieser Ausstellung stellen sie allerdings gemeinsam solo aus: mit einem übergeordneten Thema, aber eigenen Werken. Christophe zeigt die Bilder an der Wand und Dies zeigt sich für die Installation verantwortlich. Mit den Bildern erzählt Lambert seinem Sohn seine Geschichte und zeichnet auf seinen Bildern die Stationen seines Lebens nach.
L: Es ist interessant für ihn zu sehen wo sein Vater war. Aber es ist komisch. Hätte mir 2001 jemand gesagt, dass ich mal eine Ausstellung mit der Schweiz als Thema machen würde, hätte ich wohl darüber gelacht.
Was hat euch als “Punks” denn dazu inspiriert eine folkloristische Ausstellung zur Schweiz zu machen?
D: Die nationale Identität wird in den letzten Jahren wieder stark unterstrichen. Nicht nur in der Schweiz. Wenn man sich von der folkloristischen Identität distanziert wird man immer wieder gefragt “bist du den nicht froh Schweizer zu sein”? Ja klar, aber wäre ich 50 Meter nebenan geboren, hätte ich jetzt einen Deutschen Pass.
Im Ausland empfinden wir folkloristische Musik jeweils als charmant. Wenn wir ehrlich sind ist aber nicht alles „nationale“ scheisse. Die Folklore wird halt einfach zu einem späteren Zeitpunkt politisch aufgeladen. Als Tourist im Ausland geht man weniger auf Distanz zur Folklore, eben nicht so wie man es im eigenen Land tut.
L: Das Thema war am Anfang ein Gag. Dann fingen wir an mit den Inhalten zu spielen und fanden die notwendige Tiefe. Guillaume ist aus dem Wallis. Wir wussten also dass er uns das machen lässt. (haha)
D: Wir haben versucht das Thema geschichtlich anzureichern. Ich habe zum Beispiel eine alte Packung Jodtabletten in der Installation. Sie verweist auf die frühere Verharmlosung. “Atomkraft ist sicher!” hiess es. Falls doch etwas passiert, kannst Du einfach diese Tabletten nehmen. Auch die Glöckchen stammen von mir, aus der Zeit in der ich mal geschwungen habe. Ich mag es eigenes Zeug einzubauen.
G: Als Kind im Wallis waren alle diese Dinge hier in der Installation normaler Alltag.
L: In der Ausstellung steckt natürlich auch viel Beizenkultur.
G: Ja, früher hattest Du in jeder Kneipe Schädel von Hirschen an der Wand hängen.
D: Das stirbt langsam weg. Das typische schweizerische Vereinslokal, z. B. von Jägern, gibt es in der Stadt so nicht mehr.
G: Ausser ein paar Hipster machen eine Beiz auf.
L: Haha. schön 30 Jahre Punkrock-Galerie durchziehen und dann zack! Plötzlich die Schweizer Fahne im Vorgarten.
G: Mit eurer Herangehensweise passt das trotzdem zur Galerie.
S: Eure Kunst ist normalerweise eher düster, die Motive oft grotesk.
D: Wir fühlen uns in dieser Sphäre einfach wohl. Viel Inspiration stammt aus der Symbolik des Rock’n’Roll und des Undergrounds. Wir spielen und kokettieren damit.
L: Ausserdem sind wir Fans von B-Movies. G: Ja und du von Satan.
L: Besser Satan als Santana.
S: Christophe du vermengst das Düstere in deinen Bildern aber auch mit reichlich Pop.
L: Die Bilder dieser Ausstellung beinhalten wieder mehr Farbe. Ich mag bunte Farben. Ich würde aber nicht sagen, dass die Bilder von der Popkultur inspiriert sind.
G: Frühere Werke von dir waren sehr comichaft. Damals warst Du stark von Basquiat inspiriert. Die dunkle Seite kommt aber eher von der Musik. In dieser Ausstellung bist du zum ersten Mal seit langem wieder fast fröhlich.
L: Ich habe einen Sohn! Der kommt ins Studio und sagt ich solle ein Krokodil malen.
S: Die Musik als Inspiration steckt ja schon im Titel der Ausstellung
D: Ja Heavy Metal ist genial. Es ist wie ein in sich geschlossener Kosmos.
L: Wir hatten eine grobe Idee für eine Zusammenarbeit: Swiss Black. Das war aber zu hart und so haben wir das dann zu Swiss Black Fondue Metal weiterentwickelt.
D: Wir versuchen immer spielerisch an die Sache ran zu gehen.
L: 10 Minuten Sitzung und wir sind parat und können individuell arbeiten und verstehen uns ohne noch gross darüber zu reden. Wir sind schnell miteinander einverstanden.
D: Ja, wir haben viele gemeinsame Nenner. Der Humor ist dabei die tragende Kraft. Wenn wir anfangen zu lachen sind wir auf dem richtigen Weg.
Sandro Miescher
published in Overdrive, Herbst 2020
SWISS BLACK FONDUE METAL, exhibition view August 2020