Ana Vujic >CONSTRUCTION DESTRUCTION< exhibition view January 2019
Ana Vujic bewegt sich in ihrem künstlerischem Schaffen in unterschiedlichen Bereichen. Sie ist im urbanen Raum mit einer persönlichen Sprache aktiv, indem sie mit Tusche auf Papier realisierte Bilder an öffentlichen Orten platziert. Genauso ist sie, aufgrund ihres kunsthistorischen Studiums, in traditonellen Gebieten zu Hause. Sie beschäftigt sich mit alten Techniken wie der Radierung, die hier in einer Serie von Editionen zu sehen ist. Oder sie spielt durch die Verwendung einer ungewöhnlichen Kombination von Tusche und Acryl mit der Erwartungshaltung an ein klassisches Gemälde.
Ana Vujic >CONSTRUCTION DESTRUCTION< exhibition view January 2019
Für diese Ausstellung hat sie ein grossformatiges Werk geschaffen, bei welchem sie eine für den urbanen Raum entwickelte Technik in installativer Weise für den Innenraum modifizierte. Das eine ganze Wand einnehmende Bild besteht aus zwei sich kontrastierenden Bereichen. Auf der eine Seite befindet sich ein Fliessband und ein grossformatiger Roboterarm, dessen vorderer Bereich als eine Art Kamera den Raum abtastet und die Umgebung beobachtet. Unklar ist, trotz der fabrikähnlichen Umgebung, was und ob überhaupt etwas produziert wird. Hier hat Ana mit Schablonen und Spraydose gearbeitet. Eine im urbanen Raum häufig angewendete Technik. Auf der zweiten Hälfte des Bildes werden wir in der Zeit zurückversetzt. Die Umgebung erinnert an die Blütezeit der Industrialisierung als sich in grossen Fabriken zahlreiche Menschen stundenlang repetitiven Arbeiten hingeben mussten. Ana hat sich mit dieser Zeit und insbesondere mit Frauenfabriken auseinandergesetzt. So sind gewisse maschinelle Elemente, wie die von Bändern bewegten Räder aus historischen Fotografien abgeleitet. Für das Bild existiert jedoch keine direkte fotografische Vorlage, sondern es ist, ohne vorangehende Skizze, direkt auf dem Papier mit schwarzer Tusche realisiert worden.
FULL AUTOMATION | 2019 | Arbeit auf Paier / Installation | 300 x 620 cm
FULL AUTOMATION | 2019 (Details)
Daneben befindet sich ein gerahmtes Bild, auf welchem eine auf einem Stuhl sitzende Frau in langem Kleid abgebildet ist. Der umgebende Raum ist nicht klar definiert. Auffallend sind die beiden Steckdosen und die grosse Leerstelle, welche die gemalte Wandstruktur in den Fokus rücken lässt. Leicht melancholisch ist der Blick der Frau in die Ferne gerichtet. Der kräftige fast monumentale Körperbau weist auf körperliche Arbeit hin. Jedoch sind wir nicht Zeuge von Aktivität, sondern sehen die Zeit danach – ein sich im privaten Raum befindlicher, von Arbeit gezeichneter Körper, der sich mit aufgestütztem Arm seiner Erschöpfung hingibt.
DIGITAL DETOX | 2019 | Arbeit auf Sperrholz | 150 x 173 cm
Das dritte grossformatige Bild basiert auf einer kunsthistorischen Referenz: Eine von Goya realisierte Radierung mit dem Titel „Der Schlaf der Vernuft gebiert Ungeheuer“. Ana hat diesen Titel als binären Code auf dem Bild verewigt. Die auftauchenden Fledermäuse, wie auch die körperliche Haltung der Figur, sind in leichter Abwandlung der Vorlage Goyas entlehnt. Die Katze hingegen, die bei Goya am Boden kauert, taucht bei Ana als elektronische Maus auf, die an einem Kabel von der Tischkante hängt. Die Erschöpfung von körperlicher Arbeit in Fabriken zur Zeit der Industrialisierung ist einer heutigen Erschöpfung der digitalen Informations- und Bilderflut gewichen.
1.0 WHAT WILL BE LEFT AFTER YOU? | 2018/2019 | Arbeit auf Leinwand | 270 x 206 cm
In der Kabine wird ein zwölfminütiger Film gezeigt, der während eines Aufenthaltes im Osten Deutschlands entstanden ist. Ana hat mehrere leerstehende Häuser, Kirchen, Bahnhöfe und Fabrikhallen nach potenziellen Bildorten auskundschaftet und fotografisch festgehalten. Auf der Suche nach Bildorten ist sie Stimmungen begegnet, welchen sie bewusst keine Bilder hinzufügen wollte, da sie in ihrer Ästhetik des Zerfalls bereits überwältigend waren. Wenn sie auf eine ihrer Ansicht nach günstige und bildwürdige Wand traf, malte sie ein ortsspezifisches Bild mit Tusche auf Papier, das in einem nächsten Schritt mit Kleister an der Wand fixiert wurde. Mit dem Abbruch oder Zerfall dieser Gebäude werden auch die Bilder von Ana wieder verschwinden. Ein schöner Gedanke, findet sie.
Michael Babics, Januar 2019
A film by Erschöpfte Schöpfer:
EPHEMERE – NOTHING LASTS FOREVER
„I don’t know if you know, but sometimes it’s very boring in Switzerland. The sky is not always blue, but the streets are always clean. In my city there is no visible ephemerality, you really have to look for the past. The houses are newly built or redecorated, and everthing in the city seems to undergo a well calculated process.
In my case you don’t need much to leave this place. A roll of paper, a bottle of ink, a bucket of paste. And never forget a good friend and a crazy mind.
Let us see the traces of time, let us hear the borken walls scream.“
Paintings: Ana Vujic
Sound: Herr Herrli
Cut: Julian Gresenz
Film 12:47 | 2019
Ana Vujic (*1981) wurde in Serbien geboren, sie lebt und arbeitet als Künstlerin und Kunsthistorikerin in Basel. Ihre Bilder sind seit 2011 regelmässig in Ausstellungen und im urbanen Raum in der Schweiz und im Ausland zu sehen.